Es gibt bekanntlich das Gerede von der Relativität der Schönheit und der Reiz einer Person läge immer nur im Auge des Betrachters. Dazu kommen Verwünschungen und Beschwerden, es wird fleißig auf innere Werte verwiesen und ohnehin wären die Models bei Chanel und Konsorten ohnehin alle krank, hässlich, dünn und drogensüchtig. Um diese selbstzufriedenen Menschen ein wenig zu ärgern, sollten wir den Begriff der leiblichen Schönheit etwas diskutieren und fragen, wie es um die Ideale hierzu steht, weltweit und in unserem näheren Umfeld. Relativ meint hier nicht einfach nur in Bezug auf das Auge des Betrachters, es meint zudem einen Zusammenhang mit dem Habitus und Erscheinungsbild einer Person. Gibt es allgemeingültige Regeln?
Leberflecke und Co.
Die Rede von der Symmetrie und ihren Brüchen ist bekannt und findet immer wieder gern Verwendung im Bereich Mode und Beauty. Ein Leberfleck, ein Grübchen, eine Haarsträhne können das Besondere ausmachen. Zugleich finden jedoch auch sehr symmetrisch, gleichmäßig harmonisch gebaute Menschen Beachtung und das weit mehr als jene mit Brüchen innerhalb dieser Auftritte. Oft wird ein Muttermal auch nur zur zeitweisen Bedeutung und durch die Betonung dieser oder jener Muse emporgehoben, der Geschmack in der Breite scheint jedoch eher an gleichmäßigen Formen und Proportionen interessiert zu seyn. Warum sonst lassen sich Menschen Leberflecke entfernen? Oder die Augen lasern obwohl die Brille doch immer wieder als klug aussehend und so weiter beschrieben wird? Warum mögen die wenigen Leute Falten? Dazu gleich mehr, doch natürlich steht dahinter die Sehnsucht nach ästhetischer Planbarkeit und einer Modellierung des Körpers. Doch wem folgen diese Ideale? Mancher meint, alle Schönheitsideale gingen letztlich nur auf Trends zurück und während im Barock das Fleisch als hübsch galt, ist es heute ein schmaler Körper. Diese Trends freilich haben Gründe und auch ein Karl Lagerfeld entwirft nicht einfach so einen neuen Menschentypen, der dann als Maßstab für die Träume und Wünsche der ganzen Welt dienen kann.
Ästhetik und Fruchtbarkeit
Vielmehr ist es natürlich der Bezug zur Fortpflanzung, zur Fruchtbarkeit, die der Ästhetik die entscheidenden Signale gibt. Bisher ist es zwar noch nicht abschließend gelungen, die Symmetrie eines Gesichtes mit körperlicher Begierde in Verbindung zu stellen, da gehört wohl noch einiges mehr dazu, doch scheinen Leberflecke und anderes hier schlicht als Makel zu gelten. Brüche in der Ausstrahlung bedeuten möglicherweise einen (gefürchteten) Bruch in der Fortpflanzung und das könnte eine Ursache für die Sucht nach modellierter Schönheit sein. Der Umstand, dass sich vor allem ältere Leute einer Schönheitsoperation unterziehen, ist zugleich dem Altern des Körpers zu verdanken, denn ein Eingriff vertuscht hier den eigentlichen Gehalt. Operieren heißt Täuschen, heißt aber auch die Erfüllung allgemeiner Ansprüche. Um in der großen Herde Menschheit an einem ordentlichen Platz mitlaufen zu können, braucht es Aufmerksamkeit und vielen Leuten ist diese im Bereich der Körperästhetik als indirekte Anerkennung von Vitalität sehr wichtig.
Schönheit ist deshalb weniger relativ in dem Sinne, als dass der Betrachter und dessen Auge besonders originell wären! Das sprichwörtliche Auge des Betrachters unterliegt vielmehr Regeln und Erwartungen. Diese sind sehr wohl Allgemeingut und scheinen lediglich je nach Person auf den ersten Blick unterschiedliche, im Kern jedoch bleiben die Auffassungen der Schönheit gegenüber von Grundlagen gesteuert, über die wir letztlich keinen Einfluss ausüben können. Und das ist doch schön, oder?